Klimmen tegen MS – mit dem Rennrad am Mt. Ventoux

logo_ktms_2014MS. Zwei Buchstaben, eine Krankheit: Multiple Sklerose. In den Köpfen Vieler eine Krankheit, die unweigerlich, unaufhaltsam und schnell Menschen aus der Mitte ihres Lebens herausreißt und ihnen ein Leben im Rollstuhl beschert. Dass viele MS-Patienten hingegen lange Zeit ein recht normales Leben führen können und mithilfe aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse – sei es aus der Arzneimittelforschung oder auch dem Wissen aus ganzheitlichen Heilungsansätzen heraus  – die Folgen der Krankheit um Jahre oder gar Jahrzehnte herausschieben können, ist nicht allgemein bekannt. Besi & Friends, das von BikeBlogBerlin von Beginn an unterstützt wird, zeigt, dass Sportler trotz MS zu Höchstleistungen fähig sein können. Auch wenn Andreas Beseler in dieser Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung darstellt, gab es im 2014er Team weitere – „normalere“ – Teilnehmer, die mit der MS im Gepäck die Pyrenäen erklommen haben und bis Barcelona mitgefahren waren.
Sie wie auch viele andere erkrankte Sportler sind Beispiele dafür, dass eine ernste, chronische Krankheit durch einen starken Willen besser gemeistert werden kann. Beispiele, die Mut machen.

Scheckübergabe an Nathalie Todenhöfer 2014Dennoch reicht es nicht aus, nur auf Selbstheilungskräfte zu bauen. Die Forschung muss (und wird sicher eines Tages) einen Weg finden, die MS nicht nur zu verzögern, sondern aufzuhalten bzw. zu heilen.
Bis dahin benötigen Menschen, die ihren Weg mit dieser Krankheit gehen müssen, psychische und materielle Hilfen. Beides sind Aufgaben, denen sich Organisationen wie die Nathalie-Todenhöfer-Stiftung in Deutschland oder der Nationale MS-Fonds der Niederlande widmen.

Im vergangenen Jahr hatte ich die Gelegenheit, bei einer Charityveranstaltung teilzunehmen, die, wie auch Besi & Friends, die Multiple Sklerose im Fokus hat: die von einem Niederländer gestartete Initiative Klimmen tegen MS bzw. Climbing against MS („Klettern gegen MS“).banner_liggend_zonder_datum._600px

Die Idee dahinter: Hol dir Sponsoren, bring 500 € Spende auf und erkauf dir damit die Starterlaubnis am Mont Ventoux. Klingt ambitioniert? Ja, aber es funktioniert. Aus einer kleinen, privaten Veranstaltung mit 11 Teilnehmern 2011 wurde ein großes, internationales Event mit 825 Sportlern im Jahr 2014, das über 800.000 € Spenden eingebracht hat.

Als Mitarbeiter eines der Hauptsponsoren von KtMS erhielt ich die Gelegenheit, den „kahlen Berg“ im Rahmen dieser Veranstaltung kennenzulernen. Vor Ort angekommen, lässt man sich schnell von dieser schönen Landschaft – der Vaucluse – und ihren gastfreundlichen Bewohnern gefangen nehmen. Zu Pfingsten, wenn sich das Wetter in Deutschland noch nicht so recht entscheiden kann, empfängt dieser Teil der Provence den Reisenden bereits mit früh- bis hochsommerlichen Temperaturen. Doch das Klima ist hier unberechenbar. Durch den häufig auftretenden Mistral kann sich das Wetter kurzfristig ändern, die am Vortag noch sonnendurchflutete, aufgeheizte Landschaft wird dann von einem gnadenlosen Sturm heimgesucht und abgekühlt. Auf dem Mt. Ventoux sind Windgeschwindigkeiten von 150 km/h auch zu Pfingsten nicht außergewöhnlich. Ein Grund dafür, dass der Berg – wie sein Spitzname schon andeutet – oberhalb von 1.700 Metern Höhe nahezu kahl ist und man am Gipfel tatsächlich nur nackten Stein vorfindet. Weht der (trockene) Mistral gerade einmal nicht, können Schnee, Hagel oder Regen den Aufstieg zum Gipfel zu einem Glückspiel machen.IMG_2154_600pxMan kommt als Sportler, will einen Berg bezwingen. Aber man ist auch Teil eines größeren Ganzen: Jede/r will sein Bestes geben, doch nicht um jeden Preis, nicht als Selbstzweck. Uns ist bewusst, dass mit uns Menschen auf der Strecke sind, manche schneller, manche viel langsamer als wir, für die dieser Berg mehr ist als eine sportliche Herausforderung. Ein Teilnehmer, der bereits im letzten Jahr mit dem Handbike angetreten war, fuhr möglicherweise 2015 zum letzten Mal aus eigener Kraft bis zum Gipfel: die MS, die ihn bereits in den Rollstuhl zwang, wirkt sich zunehmend auch auf seine Arme aus. Wir sahen ihn am Chalet Reynard Rast machen. Das Chalet liegt auf 1.440 Metern Höhe. Er hatte also das steilste Stück seines Weges noch vor sich. Wir befürchteten, dass er aufgeben würde. Umso größer war unsere Erleichterung, als wir erfahren haben, dass er es geschafft hatte.

Anfahrt zum BergEin Berg, dem man mit Respekt begegnet. Nicht nur, aber besonders bei dieser Veranstaltung. Dies bestimmt auch den Charakter der Tour.  DSCF2412_600pxAm Gipfel angelangt, gibt es keine Sieger, keine Verlierer. Wer noch Kraft hat, stürzt sich in die Abfahrt, um erneut aufzusteigen. Wer nach dem ersten (oder zweiten) Aufstieg schon genug hat, fährt noch zum Chalet Reynard, um dort die Freunde oder Kollegen zu treffen.

DSCF2468_600pxNatürlich gibt es auch diejenigen, die den Berg 3x oder (seltener) 4x bezwingen wollen. Und sich damit die Aufnahme in den Club des Cinglés du Mont-Ventoux (Cinglés =  Verrückte) erarbeiten wollen. Ganz Verwegene versuchen es sogar 6x. Und wer nicht Radfahren kann oder es sich nicht zutraut, läuft. Der Berg gehört allen.

Auch 2016 wird es eine Neuauflage von Klimmen tegen MS geben: am 11. Juni 2016 wird der kahle Berg erneut bezwungen.
Wer dabei sein möchte hat ein 3/4 Jahr Zeit, die 500 € Spende zu sparen – oder sich (private oder berufliche) Sponsoren zu suchen, die das Geld aufbringen können. Bewerbungen sind ab sofort möglich: www.klimmentegenms.nl (leider werden nicht alle Teile der Website übersetzt).