Die 11. Etappe führte uns von Foix in Frankreich über die Pyrenäen nach Ripoll in Spanien. Geplante Strecke: 161 km mit ca. 3800 hm.
Link: Etappe 11
Bevor ich meine Eindrücke der „Königsetappe“ schildere möchte ich den Mann zu Wort kommen lassen, der uns von Frankfurt nach Spanien geführt hat: Thorsten Ostrowski. Er hat sämtliche Routen ausgearbeitet und in ehrenamtlicher Arbeit eine hervorragende Basis für unsere Tour geschaffen. Dass ausgerechnet Thorsten wegen eines Schlüsselbeinbruchs nicht aktiv mitfahren durfte ist daher umso tragischer.
2011 habe ich Besi bei einer Etappenfahrt kennengelernt. Mittlerweile ist er und seine liebe frau Nicki wichtige Freunde in meinem Leben geworden. Aus einer Bierlaune heraus haben wir mit einer Handvoll Radsportbegeisterter dieses Projekt ins Leben gerufen. Jeder von uns hat eine Menge Herzblut und Enthusiasmus mit in Besi & Friends geworfen. Das das Projekt so eine Dynamik annimmt hat uns alle sprachlos gemacht.
Es hat mir das Herz gebrochen, dass ich durch eine Unachtsamkeit eine Woche vor der Tour die Tour nicht mitfahren konnte. Vielen Dank nochmal an meinen Arzt Dr. Carlos Mateo, dass er mir das Go gegeben hat zumindest als Begleiter dabei zu sein.
Ich bin in einer total ungewohnten Rolle in die Tour gestartet. Als Helfer in der Mittagsverpflegung und zentraler Ansprechpartner während der Etappe. Mein Kühlwagenhans sagt immer liebevoll „Halber“ zu mir, weil ich nur mit einem Arm tragen kann. Das Helferteam ist absolut super und ich habe jeden Tag eine Menge Spaß.Egal ob Sonja meine Fahrerin, die immer 400m zu früh blinkt, Hans der sogar im Atomkrieg die Ruhe behält oder Markus unser Masseur und Mac Gyver. Auch die Telefonate mit unseren Begleitfahrern Georg und Annette möchte ich nicht missen. Sie schirmen den ganzen Tag die Gruppe vom harten französischen Verkehr ab und hängen immer am Puls der Gruppe. All die oben erwähnten Personen sind unersetzlich für die Tour!
Als langjähriger Etappenfahrer habe ich noch nie zwei so gut zusammengewachsene Gruppen bei einer Rundfahrt gesehen. Viele überschreiten täglich Ihre Grenzen bei 35 Grad im Schatten, Regen und Etappen mit bis zu 185km und 3800 Höhenmeter. Ich habe oft riesig Mitleid mit den Teilnehmern, wenn sie sich über die von mir geplanten Strecken kämpfen müssen. Die zufriedenen Gesichter im Ziel entschädigen aber für alles!
Die vielen Eindrücke und Erlebnisse der Besi & Friends Runde werde ich nie vergessen.
[via Rad statt Rollstuhl]
Die Routen waren professionell ausgearbeitet, dennoch nahm uns niemand das Fahren ab. Der Weg über die Pyrenäen musste von Allen hart erarbeitet werden. Der Start in Frankreich wurde wegen der Länge der Strecke vorverlegt. Gruppe 2 startete um 7:30 Uhr, Gruppe 1 um 8 Uhr.
Der Morgen in Südfrankreich begann diesig und kühl. Kein gutes Zeichen für die Fahrt über den Pass. Viele Teilnehmer starteten daher mit Bein- und Armlingen, einige hatten ihre Windjacken oder -westen angelegt. Ich startete mit Gruppe 1, hatte mir aber die Option offen gelassen, in die langsamere Gruppe zu wechseln, falls ich in den Bergen nicht mithalten können sollte.
Zum Einrollen hatte Thorsten – anders als an den beiden vorherigen Etappen – eine rund 17 km lange flache Strecke geplant. Wie gewohnt legten wir ein zügiges Tempo vor und erreichten den ersten Anstieg bereits nach einer guten halben Stunde. Vor uns lagen die ersten – steilen – 500 von rund 3800 Höhenmetern. Bereits hier merkte ich, dass meine Beine nicht so gut waren wie noch am Vortag.

Am Fuß der Pyrenäen
Den Anstieg hielt ich gerade noch so mit. Bereits in der Abfahrt holten wir Gruppe 2 ein. Auch danach blieb das Tempo hoch. Je näher wir den Bergen der Pyrenäen kamen, desto stärker spürte ich die Verspannung im Rücken. Auch die Beine wurden nicht lockerer. Wir mussten nun auf eine große Straße wechseln, die viele Kraftfahrer auf dem Weg nach Andorra nutzten.

Straße nach Andorra
Am Anfang des fast 20 km langen Anstiegs auf knapp 2000 m wurden wir durch Bauarbeiten aufgehalten. Für Gruppe 2 war der Anstieg freigegeben worden, so dass die schnelleren Fahrer uns wieder einholten. Für mich das endgültige Signal, die Gruppe zu wechseln.
Der Anstieg zum 1915 m hohen Col de Puymorens gehörte zu den beeindruckendsten Landschaften, durch die ich bisher mit dem Rad gefahren war. Es dauerte nicht lange, dass wir durch die ersten Wolkenfelder fuhren. Ein paar Kilometer später erreichten wir die Baumgrenze und fuhren zwischen grünen Weiden hindurch, auf denen Pferde und Rinder grasten. Der Pass jedoch schien immer noch in weiter Ferne. Meter für Meter arbeiteten wir uns hoch, ein paar Hundert Meter vor und hinter mir konnte ich meine Leidensgenossen sehen. Mit frischen Beinen ein anstrengendes Unterfangen, nach rund 1.400 km und mit rund 20.000 Höhenmetern in den Beinen eine nahezu endlose Quälerei. So erging es Jedem von uns.
Dann die Passhöhe. Jubel. Wir waren – fast – am Ziel.

Col de Puymorens
Vor uns lag jedoch noch die Verpflegungspause, die wir dringend benötigten und eine genussvolle Abfahrt auf rund 1.100 m, um anschließend erneut auf fast 1.900 m klettern zu müssen.
Mit dem ersten Teil der Gruppe 2 fuhr ich ab. 3 km vor der spanischen Grenze erwischte uns ein heftiger Regenschauer, der uns zur Flucht in ein Wartehäuschen zwang. Trocken, warm und – naja – gemütlich. Die nächste Gruppe hatte weniger Glück. Sie wurde noch am Berg vom Regen überrascht und mussten die ganze Abfahrt mit kalten Fingern fahren und versuchen, dennoch die Geschwindigkeit zu dosieren. Passiert ist glücklicherweise nichts.
Eine Kettenreparatur später erreichten wir Spanien. Olé!

Espagna!
Dann folgte der Schlussanstieg. Dieselbe Qual wie beim ersten Anstieg, nicht ganz so lang, dafür mit mehr Schmerzen in den müden Beinen. Auch hier war die Freude auf der Passhöhe riesig und der Wunsch, nur noch herunterfahren zu dürfen, unbändig.

Geschafft!
Die folgende Abfahrt entschädigte uns dann für (fast) alle Strapazen: auf endlosen Serpentinen konnten wir immer wieder wunderschöne Ausblicke auf die Pyrenäengipfel werfen. Jede Kurve bot einen anderen berauschenden Ausblick, viel zu schön, um hier mit 60 km/h herunterzufahren. Ständig mussten wir aufpassen, nicht wegen der Aussicht die Ideallinie zu verlieren oder berauscht in eine auf der Straße liegende Kuh zu fahren.

Muh?
Dann – nach 161 km und vielen, vielen Höhenmetern – endlich Ripoll. Dieses Etappenziel hatten wir uns hart erarbeitet und Jede/r war stolz darauf. Barcelona, wir kommen!

Ripoll