Ich habe mich aus Ärger über das Verhalten vieler Radfahrer dazu entschlossen, eine Top10 der ärgerlichsten oder gefährlichsten Verhaltensweisen von Radfahrern aufzustellen. Ganz subjektiv, aber in jedem Fall fast täglich selber beobachtet. Ordnungswidrigkeiten wie Fahren ohne Licht / ohne Bremse sind hingegen Dinge, über die sich Polizei und Ordnungsamt aufregen sollen. Mir als beleuchtetem / bebremstem Radfahrer kann dieses – in erster Linie selbstgefährdende – Verhalten eher egal sein. Fahren ohne Klingel oder Pedalreflektoren: erst recht. Wer hört in der Stadt schon eine Klingel, wer nimmt schon die (vorgeschriebenen) gelben Katzenaugen an den Pedalen wahr? Natürlich Vorschrift, aber in der Praxis wohl eher „nice to have“ als wirklich sicherheitsrelevant. Eine Übersicht über die nach Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) vorgeschriebenen Fahrradteile sind der Grafik „Das verkehrssichere Fahrrad“ des ADFC zu entnehmen.
Weiterführende Tipps sind auf der Website des ADFC zu finden. Um sich angemessen und sicher mit dem Rad im Straßenverkehr bewegen zu können ist neben dem Know how auch eine gewisse Routine erforderlich. Wer hier noch etwas Übung und Tipps benötigt kann sich diese auch bei den Radfahrkursen des ADFC-Berlin holen.
Anmerkung zur Liste: Um zwischen „im besten Fall nur ärgerlich“ und „im schlimmsten Fall tödlich“ unterscheiden zu können habe ich Piktogramme von Thommy Weiss / pixelio.de hinzugefügt.
Abbiegen ohne den vorfahrtberechtigten Verkehr zu beachten.
Jeder Radfahrer kennt dieses Verhalten: ich fahre auf einer Straße / einer Radspur, habe grün oder bewege mich auf einer Hauptstraße mit Vorfahrt. Plötzlich biegt ein Radfahrer von rechts ohne nach links zu schauen in meinen Fahrweg ein. Folge: ich muss plötzlich abbremsen oder ein (mitunter gefährliches) Ausweichmanöver ausführen. „Vorfahrt gewähren“ gilt nicht nur für den motorisierten Verkehr!
Nebeneinander Radfahren im Berufsverkehr.
Ja, nebeneinander Radfahren ist erlaubt. Aber nur, wenn der übrige Verkehr nicht behindert wird. Wenn ich aber gezwungen werde, als Radfahrer die Rad- oder Busspur zu verlassen, weil vor mir ein Pärchen nebeneinander fahren will, ist das eine Behinderung und im dichten Verkehr wirklich unnötig.
Fahren bei rot, weil gerade kein Auto in Sicht ist.
Nein, ich will diese Diskussion hier nicht führen. Am liebsten würde ich sagen: Macht was ihr wollt. Aber gefährdet niemand Anderen dabei! Wenn ich als Fußgänger oder Radfahrer bei grün aufpassen muss, nicht von einem bei rot fahrenden Radfahrer „umgenietet“ zu werden, hört für mich der Spaß auf. Sehr gern gesehen morgens auf der Kreuzung am Alexa in Richtung Süden.
Radfahren auf Gehwegen in ruhigen Straßen oder trotz vorhandener Radspur.
Ich kann es nachvollziehen, dass sich nicht alle Radfahrer auf Hauptverkehrsstraßen in den Verkehr trauen. Ob man sich als Konsequenz daraus den häufig ohnehin schmalen Gehweg mit Fußgängern und Kindern teilen sollte oder ob man nicht lieber gleich auf Seitenstraßen ausweichen sollte ist sicher eine Frage, die man diskutieren kann.
Gar keine Frage ist für mich, dass es sich nicht gehört, Fußgänger und Kinder mit hoher Geschwindigkeit auf Gehwegen zu erschrecken oder gar zu gefährden. Die StVO ist hier eindeutig: § 2 Abs. 1 (Straßenbenutzung durch Fahrzeuge): „Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen …“ [alle StVO-Zitate aus: www.gesetze-im-internet.de]. Dies gilt auch für Fahrräder. Ausnahmen gelten u.a. für Kinder und wenn Radwege markiert sind.
Fahren ohne Sicherheitsabstand zu parkenden Autos oder zum Fahrbahnrand.
Radfahrer haben nicht ohne Grund Respekt vor dem fließenden Verkehr. Häufig leider so viel, dass sie so weit rechts fahren, wie es gerade möglich ist. Auch, wenn rechts Autos halten oder parken. Ich muss als Radfahrer ständig damit rechnen, dass aus einem parkenden Auto jemand aussteigen will und nicht darauf achtet, ob hinter ihm ein Radfahrer mit ungenügendem Abstand angefahren kommt.
Auch für überholende Autos ist das „äußerst rechts fahren“ ein Zeichen, dass der Radfahrer überholt werden „darf“: schließlich bleibt ja noch genug Platz auf der Fahrspur. Leider ist dies manchmal ein fataler Irrtum, da auch routinierte Radfahrer nicht immer schnurgerade unterwegs sein können: Scherben, Reste von Felgenabdeckungen etc. bleiben vorzugsweise hier liegen. Als Faustregel gilt daher, dass ein Radfahrer mindestens dort fahren sollte, wo die rechten Reifen der PKW rollen: also rund 50 bis 100 cm vom rechten Rand entfernt. Auch Gerichte gehen von diesem Sicherheitsabstand aus. Rechnet man den notwendigen Sicherheitsabstand von 150 cm hinzu, den Autos zu Radfahrern einhalten sollen, wird klar, dass ein sicheres Überholen nur durch einen Spurwechsel möglich ist.
Halten an Kreuzungen rechts neben LKW oder Heranfahren an anfahrende LKW, wenn die Ampel gerade grün wird.
Leider ist dies ein Verhalten, das häufig zu tödlichen Unfällen führt. Die Rechtslage ist eindeutig: der Kraftfahrer darf nur fahren, wenn er niemanden gefährdet. Trotzdem geschehen diese Unfälle. Die Schuld liegt nahezu immer beim LKW-Fahrer.
Das hilft mir aber leider nichts, wenn ich schwer oder tödlich verletzt werde. Ich kann aber selber für meine Sicherheit sorgen: Wenn ich einen LKW an einer Kreuzung halten sehe, halte ich im Sichtbereich vor ihm oder warte hinter ihm, bis ich sicher bin, dass er geradeaus fährt oder vor mir abgebogen ist. Hätte ich in solchen Situationen in der Vergangenheit auf mein Recht beharrt und darauf vertraut, dass ich gesehen werde, ich würde heute mit Sicherheit nicht mehr leben.
Überholen, Spurwechsel und Abbiegen ohne Schulterblick / Handzeichen.
Wer einen Führerschein hat, weiß, dass der Schulterblick über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Fahrprüfung entscheiden kann. Hat man erst einmal die „Pappe“, gerät dieses Wissen ein wenig in Vergessenheit. Auch die Nutzung des Blinkers lässt – quasi altersbedingt – nach. Bei vielen Radfahrern scheint dieses Wissen nie vorhanden gewesen zu sein. Es wird fröhlich überholt, ausgewichen oder die Spur gewechselt, egal, was da hinter oder neben einem unterwegs ist. Ein Handzeichen ist wohl auch nur nötig, wenn abgebogen wird. Der oder die hinter mir weiß schon, was ich will. Da kann ich nur antworten: nee, weiß ich nicht. Schau dich kurz um, zeig an, wo du hin willst, wenn jemand hinter dir ist. Schon läuft alles viel stressfreier ab.
Nicht benutzungspflichtige Radwege ohne Notwendigkeit nutzen.
Ok, das ist erlaubt, steht so in der StVO: „Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden“ [ebd.]. Aber muss es sein? Ich fahre jede Woche 80-100 km im Berufsverkehr in der Stadt mit dem Rad. Nicht benutzungspflichtige Radwege nutze ich nur dann bzw. dort, wenn viel Platz auf dem Gehweg ist und ich sonst hinter dem Stau stehen müsste. An allen anderen Stellen nehme ich mein Recht wahr, dort zu fahren, wo es der Gesetzgeber vorsieht: auf der Straße, sicher, sichtbar und selbstbewusst. 99 % der Autofahrer akzeptieren dies bzw. nehmen es mehr oder weniger gelassen hin. Das restliche Prozent nutzt Hupe, Stimmbänder oder Hände dazu, mir ihre Auffassung von Recht nahe zu bringen. Sollen sie. Auch solche Zeitgenossen riskieren es nicht, einen Radfahrer an- oder umzufahren. Der Lack eines PKW ist halt empfindlich.
Fahren auf dem Radweg in die falsche Richtung.
Dies ist eine unterschätzte und leider sehr häufige Unfallursache. Auch der Gesetzgeber hat die Gefahr erkannt: „Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist“ [ebd.]. Die Verwaltungsvorschrift zur StVO ist noch deutlicher: „Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung ist insbesondere innerhalb geschlossener Ortschaften mit besonderen Gefahren verbunden und soll deshalb grundsätzlich nicht angeordnet werden“ [Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO), Randziffer 33, zitiert nach http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm].
Vorrang für Fahrgäste an Bushaltestellen ignorieren.
Viele Radfahrer wissen es nicht, die wenigsten halten sich daran: Fahrgäste an Bushaltestellen haben beim Ein- und Aussteigen Vorrang vor Radfahrern auf Radwegen.