ADFC gegen geplantes Tempolimit von 15 km/h für Radfahrer

Diese Überschrift lässt aufhorchen. Sollen Radfahrer nur noch mit 15 km/h fahren dürfen? Ganz so schlimm ist es nicht.

Hintergrund:
Eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist gerade als Entwurf vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung an verkehrspolitisch relevante Organisationen zur Kommentierung gesendet worden. Die Änderung wird meines Wissens die gescheiterte StVO-Novelle von 2009 aufgreifen und einige Neuerungen aufnehmen, die bisher nicht in der Diskussion waren.

Eine geplante Neuerung ist eine Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h auf Gehwegen, die mit dem Zusatzschild „Radfahrer frei“ für Radfahrer freigegeben wurden. Da auf diesen Gehwegen generell so gefahren werden muss, dass Fußgänger weder gefährdet noch behindert werden ist das Geschwindigkeitslimit nur eine Klarstellung der bereits geltenden Regelung. Im Zweifel muss hier der Fahrradfahrer mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sogar absteigen. Hierzu gibt es aus meiner Sicht keinen Bedarf einer weiteren Kommentierung. Gehwege gehören den Fußgängern.

Nun wurde aber auch eine Regelung in den Entwurf aufgenommen, die gemeinsame Geh- und Radwege betrifft (Zeichen 241). Das sind die Wege, auf denen der Radweg durch rote Farbe, abweichende Pflasterung oder sonstige Markierungen deutlich sichtbar vom Gehweg abgetrennt ist. Da diese Wege durch das Zeichen 241 benutzungspflichtig sind bedeutet eine Beschränkung auf 15 km/h  eine drastische Reduzierung der möglichen Geschwindigkeit für einen großen Teil der Radfahrer.

15 km/h – mehr geht hier sowieso nicht!

Der ADFC hat hierzu dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
eine Stellungnahme zugesandt, die ich sehr begrüße. Eine Zusammenfassung findet man unter diesem Link auf der Seite des ADFC.

Aus meiner Sicht ist eine Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf gemeinsamen Geh-und Radwegen generell sinnvoll. Ich bin mir bewusst, dass eine von vielen Radfahrern (auch von mir) im Alltag gefahrene Geschwindigkeit von 20, 25 oder gar 30 km/h auf Radwegen dazu führen kann, dass unaufmerksame Fußgänger, spielende Kinder, Behinderte etc. gefährdet werden. Trotz der sichtbaren Abgrenzung der Radwege befinden sie sich auf Gehwegen, die als Schutzraum von Fußgängern und spielenden Kindern bewahrt werden müssen. Höhere Geschwindigkeiten sind hiermit nicht vereinbar.

Aus diesem Grund muss generell gefordert werden, dass für Radwege, auf denen bei einer höheren Geschwindigkeit als 15 km/h eine Gefährdung der oben genannten Gruppen nicht ausgeschlossen werden kann, die Benutzungspflicht grundsätzlich nicht angeordnet wird. Eine Benutzungspflicht und gleichzeitige Einschränkung der Höchstgeschwindigkeit kommt sonst einer nicht zu rechtfertigenden Beschränkung des umweltfreundlichsten und im Verhältnis zu PKWs oder gar LKWs ungefährlichen Verkehrsmittels Fahrrad gleich.

Links:

  • zur Diskussion in der Newsgroup de.rec.fahrrad
  • zum Beitrag des berlinradlers im Blog der Radspannerei (einschließlich Diskussion)
  • Stellungnahme des BDR (Bund Deutscher Radfahrer) auf der Seite des Radsportverbands Hamburg – falls der Link zur Stellungnahme nicht geöffnet werden kann: ggf. mit dem Internet Explorer versuchen
  • Bericht im Newsbereich der ADFC-Website
  • Stellungnahme des ADFC (PDF-Datei)

Kampf um eine Radspur

im New Yorker Stadtteil Brooklyn.

Die Berliner Zeitung berichtete in Ihrer Ausgabe vom 12.04.2011 von einem juristischen Vorfall der besonderen Art:

Neben der Spur

von Sebastian Moll

New York – Daniel Kummer bittet jetzt schon zum dritten Mal um Ruhe im alten Gerichtssaal des 78sten Polizeireviers von Brooklyn und jedes Mal wird seine Stimme ein wenig lauter. Doch es strömen noch immer Leute vom Gang in den dringend renovierungsbedürftigen Raum mit seinen vergilbten Wänden, abgewetzten Bänken und der schmuddeligen amerikanischen Fahne, die schlaff von einem Mast in der Ecke hängt.

Heute jedoch scheint die ganze Stadt hier zu sein, inklusive der Reporter und Fotografen ihrer drei Tageszeitungen. Dabei ist der Haupttagesordnungspunkt der Sitzung auch nicht staatstragender als die Dinge, mit denen sich Kummer sonst so beschäftigt. Es geht um einen Fahrradweg, nicht mehr und nicht weniger.

via Berliner Zeitung

Anders als in der Berliner Kastanienallee handelt es hier aber nicht um eine Straße, in der die Anlage einer Radverkehrsführung zu Lasten von Parkplätzen geht. Ein Vergleich vorher/nachher macht es anschaulich:

vorher

[googlemaps http://maps.google.com/maps?q=40.670842,-73.971899&num=1&sll=40.671158,-73.972063&sspn=0.021971,0.038581&ie=UTF8&layer=c&cbll=40.671041,-73.971458&panoid=h2ADXFNz1la6hwqIQrwNjA&cbp=11,211.93,,0,-7.75&source=embed&ll=40.665226,-73.971462&spn=0.020443,0.038624&z=14&output=svembed&w=450&h=314]

Anm.: Zur Zeit zeigen die Bilder auf Street View noch den „ursprünglichen“ Zustand. Nach einem erneuten Street View-Durchlauf werden natürlich neuere Bilder mit Radweg zu sehen sein.

nachher:

© Jim.henderson via Wikimedia Commons

Sehr schön ist dies auch in einem Film auf Streetfilms.org zu sehen:

Der Inhalt ist nicht verfügbar.
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Aus der Sicht des Berliner Beobachters, der dies nur über das Internet sehen kann ist die Aufregung der Anwohner nicht nachvollziehbar. Sollte es wirklich gefährlicher sein, einen Radweg zu Fuß zu kreuzen als eine Straße mit PKW-Verkehr? Oder ist dieser Streit tatsächlich nur ein Symbol für das Unverständnis für eine Kulturrevolution, die auf dem Fahrrad daherkommt, wie die Berliner Zeitung suggeriert?

Manchmal kann sogar die USA noch von Europa lernen, wie mir scheint.

Weitere Informationen sind über die Organisatoren des Protestes pro Radweg weridethelanes.com oder über den Blog BikeSnobNYC zu erhalten.