SkyCycle

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Eine beeindruckende Idee von Lord Foster, der uns Berlinern spätestens seit dem (nicht ganz unumstrittenen) Umbau des Reichstags ein Begriff ist.

© Foster + Partners

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Die Idee entstammt aber nicht nur einer spontanen Idee am Arbeitsplatz, sondern ist Ausdruck eines Lebensgefühls:

Cycling is one of my great passions – particularly with a group of friends. And I believe that cities where you can walk or cycle, rather than drive, are more congenial places in which to live.

[via www.fosterandpartners.com]

Nur: Ist das nicht eine Nummer zu groß? High-Tech auf Betonrouten hoch über den Dächern statt Low-Tech-Wege durch Parks und Wälder?

Fairerweise muss man erwähnen, dass dieser Entwurf für London entwickelt wurde. In Unkenntnis der Verkehrsinfrastuktur dieser riesigen Metropole kann ich keine seriöse Einschätzung zu Sinn und Nutzen des Entwurfs abgeben.

Contra

Was mir sofort auffiel: was ist, wenn es windig ist? Böiger Seitenwind oder permanenter Gegenwind dürfte – derart ungeschützt – zu einem ernsten Problem werden. Auch der komplett fehlende allgemeine Witterungsschutz fällt auf. Auf ebenerdigen Strecken hat man nahezu überall immer mal die Möglichkeit, sich unterzustellen, wird immer mal wieder von Gebäuden oder Bäumen vor Wind geschützt. Was ist mit Frost? Werden diese Highways beheizt? Brücken gehören meist zu den Straßenabschnitten, die vom ersten Frost und damit vom Glatteis betroffen sind.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Streckenführung parallel zu (genauer: über den) Eisenbahngleisen. Eisenbahnstrecken sind selten dezentral angelegt, sie verbinden in der Regel Ortszentren miteinander. Radfahrer, die nicht ins Stadtzentrum wollen, müssen somit weite Umwege in Kauf nehmen, wenn sie die Highways nutzen wollen. Radwege werden jedoch nur dann massenhaft genutzt, wenn sie ohne größere Umwege sicher von A nach B führen.

Ein Beispiel: Würde ich auf meinem täglichen Weg auf S- oder DB-Trassen angewiesen sein, würde ich wohl nur bedingt das Rad nutzen. Der resultierende Weg wäre mindestens 30 bis 50 % länger. Radfahrer, deren Arbeitsweg hingegen parallel zum S-Bahnring verläuft, würden diese Lösung sicher als sinnvoll ansehen. Von möglichen (ggf. inakzeptablen) Umwegen abgesehen muss die Frage gestellt werden, ob es tatsächlich einen Bedarf für eine Radroutenführung dieser Qualität parallel zum ÖPNV gibt. Könnte ich ohne Umsteigen mit der Bahn fahren, hätte das Fahrrad für mich nur wenige Vorteile zu bieten.

Der Faktor Zeit spielt bei mir wie bei den meisten „Commutern“ eine wichtige Rolle. Der Faktor Umweltschutz kommt hinzu, ist aber für die Mehrzahl der Radfahrer ein untergeordneter Aspekt. Die Kosten spielen natürlich auch eine Rolle. Bahn, Rad und PKW stehen in direkter Konkurrenz zueinander. Die Abwägung wird nach den mir bekannten Untersuchungen hauptsächlich nach den Aspekten Schnelligkeit und Komfort in Verbindung mit den Kosten getroffen. Ist ein Auto vorhanden, wird es (u.a. wegen des Komforts) benutzt, wenn der Arbeitsweg ohne größere Staus und ohne Parkplatzprobleme zu bewältigen ist. Ist dies nicht sichergestellt, haben der ÖPNV und das Fahrrad Vorteile: Geschwindigkeit (meist pro ÖPNV) und Kosten (meist pro Fahrrad) sind dann entscheidend. Über eine Entfernung von ca. 5-10 km spielt das Fahrrad immer dann seine Vorteile aus, wenn Bus oder Bahn nicht auf kurzem Wege erreichbar sind oder Umstiege die Fahrzeit erheblich verlängern. Auf längeren Strecken dürfte dies für schnellere Radfahrer (mit oder ohne E-Unterstützung) ebenfalls relevant sein.

Pro

Man sollte diesen Entwurf nicht nur anhand seiner mehr oder weniger möglichen Umsetzung bewerten. „SkyCycle“ holt das Fahrrad aus der Nische. Norman Foster wird beachtet, egal, was er der Öffentlichkeit präsentiert. Hier wird das Fahrrad einmal nicht „dazwischen gequetscht“, es bekommt den Platz eingeräumt, der ihm zusteht. Keine Schleichwege, kein Hindurchschlängeln. Und ein Plan, der einer sich modern gebenden Metropole gut zu Gesicht stehen könnte. Vielleicht ist es nachher wie bei einer Modeschau in Paris: wenn es auch nicht für alle tragbar ist, findet sich die gewagte Idee mit etwas Glück doch irgendwann in trag- und bezahlbarer Form im Quelle- oder Otto-Katalog wieder. Erst einmal geht es um die Idee, das Sich-etwas-auszudenken-trauen.

Ein Interview mit Norman Foster ist hier nachzulesen.

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