Bis dass die Autotür uns scheidet

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Bis dass die Autotür uns scheidet - CoverGeorg Koeniger. Kennen Sie nicht? Das könnte sich jetzt ändern.

Er ist Autor, Regisseur und Kabarettist. Nebenbei auch Münsteraner. Und was sind die Ureinwohner Münsters der Legende nach? Genau: Radfahrer. Mit diesem Klischee spielt natürlich auch Koeniger:

Wer in Münster geboren wird, kommt praktisch mit dem Rad am Hintern zur Welt.

Georg Koeniger ist also Radfahrer. Als solcher schreibt man natürlich keine Auto- sondern eine Fahrradbiographie. Georg Koeniger ist aber auch (ich erwähnte es bereits) Kabarettist. Die Vorgaben waren somit klar. Ums Radfahren musste es gehen, allzu ernst sollte es dabei aber nicht sein.

Also fahren wir los … Wir erfahren, warum Klein-Georg dringend sein erstes eigenes Rad haben musste, lernen Georgs Mama, eine weise Frau kennen und lernen von ihr etwas, das unserem Autor in seinem Leben Motiv und Stütze sein sollte:

Es gibt die drei großen F, die man nie verleihen sollte: Frauen, Füller, und Fahrräder.

© Georg Koeniger

Kindheit © Georg Koeniger

Natürlich wurde dieser Rat in den Wind geschlagen. Zum Glück möchte man sagen, verdanken wir diesem Umstand doch einen eindrucksvollen Einstieg in das Buch und in Koenigers Leben:

Beim Heimradeln schwor ich mir, den Ratschlag meiner Mutter in Zukunft zu befolgen und mein Flury [Koenigers erstes Rad, Anm. BikeBlogBerlin] niemals wieder zu verleihen. Schon gar nicht an Frauen. Die konnten mir bis auf Weiteres aber auch gewaltig gestohlen bleiben.

Koenigers neues Buch erliegt jedoch nicht dem Reiz, kabarettistische Essays aneinander zu reihen. So humorvoll dies auch sein möge, so wenig tragfähig wäre dies als Autobiografie. Dass das Buch in diesem Stil beginnt, ist verzeihlich. Kindheitserinnerungen in epischer Breite sind meist nicht sehr spannend oder gar humorvoll. Selbst die eines Kabarettisten dürften da keine Ausnahme sein. Koeniger greift also die prägenden Momente seiner Kindheit und Jugend auf und stellt sie humorvoll an den Beginn seiner Fahrradbiografie.

© Georg Koeniger

Colnago © Georg Koeniger

Wir lernen seine ersten flüchtigen Liebschaften, die meisten davon mit zwei Rädern, kennen. Darunter „Colnago“ – eine sehr intensive und leider sehr flüchtige Beziehung. Einige Seiten später, wir haben inzwischen sowohl die Eigenheiten Münsters wie auch Würzburgs aus Radlersicht erfahren dürfen, stellt uns Autor und Erzähler Koeniger seine erste große Liebe vor, geht mit ihr (und uns) auf eine Rad-Reise durch die USA. Ab diesem Moment wird das Buch ruhiger, „seriöser“. Waren die zuvor vorgestellten Räder Lebensabschnittspartner, die nur als Zwischenstation wichtig waren, merkt man, dass es ihm jetzt mit der neuen Liebe (und dem Buch) Ernst ist.
Dies geht nicht zu Lasten des Lesevergnügens: weiterhin gibt es immer wieder Stellen, an denen der Leser schmunzeln und auch lachen muss. Sie entstehen jedoch häufiger durch die selbstironische Betrachtung seiner phasenweise cholerischen Natur, seltener durch gekonnt platzierte kabarettistische Einfälle.
Öfters empfand ich beim Lesen, dass die Biografie eines Münsteraners, der seine Kindheit und Jugend in den 60ern und 70ern auf dem Fahrradsattel verbrachte, der Biografie radelnder Berliner desselben Jahrgangs nicht gänzlich unähnlich gewesen zu sein scheint.

Mountainbike © Georg Koeniger

Mountainbike © Georg Koeniger

Ob ich kein Haar in der Suppe gefunden habe, wurde ich gefragt.
Doch, sicher. Ein kleines, ganz unscheinbares. Ab Seite 107 geht es um das Thema „Essen auf Radtouren“. Auf der folgenden Seite, Koeniger und Partnerin fuhren gerade durch Wales, soll uns sicher das Wasser im Munde zusammenlaufen. Nur leider klappt das mit den hier abgebildeten schwarz/weiß-Bildern überhaupt nicht. Überhaupt: Bilder spielen hier eine Nebenrolle. So, das war’s.

Fazit? Ich habe eine verwandte Seele über viele Seiten und rund 50 Jahre begleiten dürfen, habe gelächelt, mich amüsiert und mich in seinen cholerischen Momenten wie in einem Spiegel gesehen. Jetzt würde ich mich freuen, wenn ich andere ein wenig neugierig gemacht haben sollte.

Den Buchtipp verdanke ich der von mir sehr geschätzten Sendung „Die Sonntagsfahrer“ auf radioeins. Georg Koeniger war im August „Mitfahrer“ (im Podcast ab ca. 23 Min.). Danke!

Georg Koeniger: Bis dass die Autotür uns scheidet
Ein Leben in 12 Fahrrädern
Klappenbroschur, 272 Seiten,
16 Abbildungen
Piper Verlag
€ 14,99 [D], € 15,50 [A], sFr 21,90
ISBN: 978-3-89029-429-2

Zitate und Fotos: © Georg Koeniger

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Ich habe das Rezensionsexemplar vom Verlag unentgeltlich zur Verfügung gestellt bekommen. Daher muss ich diesen Artikel nach aktuellem Rechtsverständnis als Werbung kennzeichnen.