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Ein merkwürdiger Titel. Zugegeben. Warum ich ihn gewählt habe? Darauf komme ich noch zurück. Doch der Reihe nach.
Nach unserem letzten Andalusien-Urlaubs hatten wir zwei Versäumnisse einzugestehen: Wir waren nicht in Ronda und haben es nicht geschafft, die von unserem Freund Roberto so hochgelobte Palomas-Pass-Etappe zu fahren, die er für Quäldich.de erstellt hatte.
Dieses Jahr wollten wir diese Versäumnisse wieder gutmachen. Mit unseren Rennrädern und leichtem Gepäck fuhren wir von der spanischen Atlantikküste (genauer gesagt von der Manzanilla-Stadt Sanlúcar de Barrameda) nach Ronda. Rund 150 km mit ca. 2.100 hm. Da wir im Urlaub waren, genehmigten wir uns eine Übernachtung im kleinen aber schönen Städtchen El Bosque, am westlichen Rand der Sierra de Grazalema gelegen.
Fans des ehemaligen spanischen Profi-Radteams Once sagt der Ort möglicherweise etwas: Im Frühjahr kam das Team nach El Bosque, um sich an den Anstiegen der Sierra die Form für die harten Bergetappen der internationalen Straßenrennen zu erarbeiten. Und nun waren wir hier.
Auf den Spuren der Profis durchquerten wir am nächsten Tag die Sierra de Grazalema, ein Gebirgszug und Nationalpark im südlichen Andalusien, in der Mitte zwischen Sevilla, Málaga und Gibraltar gelegen. Obwohl die Strecke nur rund 55 km lang war, mussten wir 1300 Höhenmeter überwinden – und kamen am Ende dennoch nur auf 736 Meter Höhe in Ronda an.
Zwar ist Ronda dem Spanienurlauber und Radtouristen nicht so präsent wie Sevilla oder Málaga, dennoch zeigt es sich als Publikumsmagnet. Täglich ergießen sich ganze Busladungen voller Touristen in diese Kleinstadt, werden von mehr oder weniger engagierten Fremdenführern durch die Stadt geführt und treten am frühen Abend wieder den Heimweg an. Wer dem aus dem Weg gehen möchte, sollte eine Übernachtung in Ronda einplanen und die Stadt morgens oder in den Abendstunden erkunden.
Da die meisten Sehenswürdigkeiten auf kleinstem Raum in der Altstadt zu
finden sind, die direkt neben dem urbanen Zentrum liegt, empfiehlt sich
die Übernachtung in einer der dortigen kleinen Hostals, die einfach,
sauber und günstig sind. Das Frühstück nimmt man bevorzugt dort ein, wo
auch die Bewohner Rondas essen: in kleinen Bars und Restaurants jenseits
des Schicki-Micki der Altstadt.
Touristisches Highlight des Städtchens ist die Puente Nuevo,
die neue Brücke über einer rund 120 Meter tiefen Schlucht des Río
Guadalevín. Sie verbindet die durch die Mauren erbaute Altstadt La Ciudad,
die durch einen in den Berg hineingebauten Palast regiert und geschützt
wurde, und den von den Spanieren angelegten jüngeren Stadtteil El Mercadillo.
Für Tag 3 stand die Palomas-Pass-Etappe auf dem Plan. Teile davon kannten wir bereits aus dem Vorjahr. Von Zahara de la Sierra aus fuhren wir über den Pass nach Grazalema und (anders als in diesem Jahr) entlang des Stausees Zahara-El Gastor zurück. 2017 eine kurze Runde, 45 km mit rund 1000 hm bei Mittagstemperaturen von über 30 °C – Anfang Oktober!
Diese Temperaturen erwarteten uns dieses Jahr nicht, jedenfalls sollte die 30 °-Marke nicht überschritten werden. Ideal für eine schöne Rennradtour.
Da Ronda wie gesagt auf einem rund 700 Meter hohen Hügel liegt, beginnt jede Ronda-Radtour mit einer flotten Abfahrt. Aufgrund der schroffen Felsen, auf denen die Stadt erbaut wurde, gibt es nur wenige Straßen, die aus der Stadt hinausführen. In Richtung Sierra gibt es praktisch nur eine Straße, über die auch der meiste Verkehr in Richtung Sevilla und Atlantikküste fließt. Ensprechend hoch ist das Verkehrsaufkommen. Auch wenn die Andalusier dem Radverkehr großzügig Raum lassen – richtiger Spaß will auf diesem Teilstück nicht aufkommen.
So ist man auch froh, wenn man nach knapp 8 Kilometern den Verkehr hinter sich lassen und auf eine kleine Straße Richtung Norden ausweichen kann. Aber Achtung: wer bei der Abfahrt von Ronda nur gerollt ist, wird schnell merken, dass man sich auch im warmen Süden warmfahren sollte. Die nächsten 4 Kilometer hat man mit 5-10 % Steigung gut zu arbeiten, bevor das Terrain angenehm wellig wird. Kurz danach beginnt eine fast 20 Kilometer lange Abfahrt, die erneut von kleineren, wundervoll schnell zu fahrenden Wellen unterbrochen wird.
Und jetzt möchte ich auf den Titel dieses Artikels zurückkommen. Geier – diese Tiere vermutet man vorschnell nur in Amerika oder Afrika, eventuell noch einzelne Exemplare in den Alpen. Spanien verbindet man eher mit Eseln oder Geckos, weniger mit diesen majestätischen – aber aufgrund ihres Speisezettels ein wenig gruseligen – Tieren. Nur wenige Kilometer von Ronda entfernt jedoch konnte ich einen ganzen Schwarm dieser großen Raubvögel beobachten. Ein Moment, in dem ich mir gewünscht hätte, meine „große“ Kamera mit Teleobjektiv dabeizuhaben. Auf Wikipedia kann man nachlesen, dass Spanien die meisten Brutpaare des Gänsegeiers in Europa beheimatet. Die Sierra de Grazalema wiederum nimmt für sich in Anspruch, zu den größten Brutgebieten Spaniens zu zählen*. Selbst für den Nicht-Ornithologen ist es ein faszinierendes Schauspiel, wenn Geier in den Aufwinden langsam kreisen. Da sie aufgrund ihrer Spezialisierung nicht zu den schnellen Raubvögeln gehören, sind sie hervorragend zu beobachten. Erst recht, wenn sie wie hier in großer Zahl auftreten.
Dass ich die Runde ohne Gepäck – und daher auch ohne „echte“ Kamera fahren wollte, hielt ich mich nicht lange mit dem Fotografieren auf. Also fuhr ich weiter und kam bald in ein Gebiet, das sich durch Felder, sanfte Hügel, Weinberge und Olivenplantagen auszeichnete. Nur ab und zu kamen die ansonsten in der Sierra allgegenwärtigen schroffen Felsen zum Vorschein. Zwischenzeitlich wähnte ich mich auf einem gigantischen Pumptrack: im schnellen Wechsel folgten flotte Abfahrten auf leichte Anstiege, die ich daher (fast) mühelos bewältigen konnte. Dieselbe Abfolge wiederholte sich mehrfach, bis nach knapp 50 Kilometern mit 289 Metern der tiefste Punkt des Tracks erreicht war. Klar, dass jede berauschende Abfahrt bis hierher durch zusätzliches Klettern bezahlt werden musste – schließlich lag mein Ziel (vom Pass abgesehen) auf rund 700 Metern Höhe.
Doch noch einmal zurück zu Kilometer 35. Eine schöne, langgezogene Abfahrt, die Sonne stand inzwischen recht hoch, die doch schon etwas frischen Morgentemperaturen waren vergessen. Ein Hund überquerte vor mir die Straße. Ihm folgte ein Mann – wie sich herausstellte ein Schäfer – und ein weiterer Hund, deutlich träger als der erste. Ein kurzes „Hola!“ – „Buenas dias“ wurde zwischen uns gewechselt, bevor ich weiterrollen und der Schäfer seine Herde erreichen sollte. Beim Weiterfahren fragte ich mich, ob ihm meine Art zu Leben genauso fremd vorkam wie mir die seine?
Auf der ruhigen Nebenstraße, die ich auf den letzten 30 km fahren durfte, gab es nahezu keinen Verkehr. Dies änderte sich bei Kilometer 40. Von hier geht die Strecke ein kurzes Stück über eine überregionale Straße. Nach drei Kilometern erreichte ich den Abzweig nach Algodonales – das erste „weiße Dorf“ der Palomas-Pass-Etappe. Für Durstige: ein Café ist bereits am Dorfeingang zu finden, der kleine Supermercado hingegen erst etwas weiter im Inneren Algondonales. Sehenswert ist der Brunnen Fuente del Algarrobo, dessen Quelle früher die Stadt mit Wasser versorgte.
Ich folgte der Straße ein Stück weiter durch den Ort, musste dann aber in eine unscheinbare Nebenstraße in südlicher Richtung abbiegen. Kurz danach lag Algodonales hinter mir – der bereits beschriebene „Tiefpunkt“ der heutigen Tour war erreicht. Die beschwingte, flotte Fahrt fand hier ihr Ende – ich hatte die Sierra erreicht.
Fortsetzung folgt …
*Quelle: http://www.juntadeandalucia.es
Hinweis zur Kennzeichnung als „Werbung“
In diesem Artikel wird u. A. auf das Radsportportal Quäldich.de verwiesen. Daher kennzeichne ich diesen Artikel als Werbung.