Unter diesem Titel stellt die Zeitschrift DVRreport in der Ausgabe 04/2014 eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) vor. Wir geben hier den vollständigen Text mit freundlicher Genehmigung des DVR wieder.
Neues Risiko Pedelec?
UDV-Studie zum natürlichen Fahrverhalten
Elektrofahrräder liegen im Trend.
Allein im Jahr 2013 wurden 410.000 dieser Fahrräder verkauft. Mit der wachsenden Verbreitung ergeben sich neue Herausforderungen für die Verkehrssicherheit. Insbesondere die Frage, wie sich die potenziell höheren Geschwindigkeiten auf das Fahrverhalten und das Unfallgeschehen auswirken, ist bisher völlig offen.Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) untersuchte daher gemeinsam mit der Technischen Universität Chemnitz die Mobilität, die Geschwindigkeit und die Verkehrssicherheit von Elektroradfahrern im Vergleich zu Fahrradfahrern.
Dazu wurden Sensoren und Kameras an den Zweirädern von insgesamt 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Alter von 16 bis 83 Jahren installiert. Davon waren 31 Fahrradfahrer, 49 Pedelec-Fahrer und zehn S-Pedelec-Fahrer. S-Pedelecs unterstützen den Fahrer bis 45 km/h und müssen ein Versicherungskennzeichen tragen. Über einen Zeitraum von vier Wochen wurde das natürliche Fahrverhalten der Teilnehmer aufgezeichnet.
Im Ergebnis zeichnet die Studie folgendes Bild:
- Pedelecs werden gegenwärtig vor allem von älteren Personen gefahren.
- Pedelecs und Fahrräder werden in ähnlichem Umfang und zu ähnlichen Zwecken eingesetzt. Lediglich bei den S-Pedelec-Fahrern dominieren stärker die Arbeitswege.
- S-Pedelec-Fahrer erreichen höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten als Fahrrad- und Pedelec-Fahrer. Pedelec-Fahrer sind im Mittel ebenfalls schneller unterwegs als Fahrradfahrer. Der Unterschied ist allerdings nicht sehr groß. Sie scheinen die Motorunterstützung in erster Linie einzusetzen, um mit geringerem Aufwand Geschwindigkeiten fahren zu können wie „normale“ Radfahrer.
- Die Fahrgeschwindigkeit der S-Pedelec- als auch der Pedelec-Fahrer variiert jedoch stärker als die der Fahrradfahrer.
- Fahrer aller drei Zweiradtypen erleben ähnlich häufig kritische Situationen im Straßenverkehr. Auch die höhere Durchschnittsgeschwindigkeit von S-Pedelec-Fahrern führt zu keiner Häufung von kritischen Situationen.
- Am häufigsten werden für alle drei Zweiradtypen Konflikte im Längsverkehr, beim Einbiegen, Kreuzen oder Abbiegen beobachtet. Entsprechend der Exposition ereignen sich die meisten Konflikte mit Pkw, gefolgt von Fußgängern und Fahrrad- oder Elektrofahrradfahrern. Dahinter verbergen sich typischerweise Vorfahrtsmissachtungen, Auspark- oder Wendemanöver der Pkw sowie Querungen, das Vorauslaufen oder Entgegenkommen von Fußgängern oder anderen Radfahrern. Das Konfliktgeschehen von Pedelec- und S-Pedelec-Fahrern entspricht damit dem klassischen Radunfallgeschehen.
Der Vergleich von Fahrrädern und Elektrofahrrädern zeigte, dass Elektrofahrräder per se keinem erhöhten oder anders gelagerten Sicherheitsrisiko als Fahrräder unterliegen. Die potenziell höheren Geschwindigkeiten werden vor allem von S-Pedelec-Fahrern erreicht, während für Pedelec-Fahrer der erhöhte Komfort im Mittelpunkt steht.
Die rechtliche Einordnung von Pedelecs als Fahrrad und von S-Pedelecs als Kleinkraftrad erscheint den Herausgebern der Studie vor dem Hintergrund der Ergebnisse gerechtfertigt. Aufgrund der höheren Durchschnittsgeschwindigkeit von S-Pedelec-Fahrern sei zu empfehlen, dass diese auch weiterhin nur auf der Fahrbahn zugelassen sind und einer Helm- und Versicherungspflicht unterliegen. Es sei durchaus möglich, dass S-Pedelec-Fahrer zwar ebenso häufig in Unfälle verwickelt sind, aber dann schwerer verletzt werden. Erste Ergebnisse aus der Schweiz legen diesen Schluss nahe.
[Quelle: Deutscher Verkehrssicherheitsrat; DVR-report 4/2014]
Die komplette Studie kann unter diesem Link heruntergeladen werden, eine 16-seitige Kurzfassung hier.
Danke für diesen Beitrag und den Hinweis auf die Studie. Ich frage mich seit einiger Zeit, was das ganze Bohei um die Pedelecs soll.
Angeblich so viel schwerer als „normale Fahrräder“. Nun ja, mein Stahlross wiegt auch 20 kg, und da kommen im Alltag noch eine schwere Aktentasche, zwei schwere Bügelschlösser, Regenklamotten, Werkzeug und weiteres Gepäck hinzu. So what?
Dann das Argument mit den Geschwindigkeiten. Also bitte … Ein „normales“ Pedelec regelt bei 25 km/h ab; ich fahre regelmäßig zwischen 25 und 30 km/h als übliche Reisegeschwindigkeit (falls Verkehrssituation und insbesondere unsägliche RVA dies hergeben); Spitzengeschwindigkeiten bei leichtem Gefälle bis zu 40 km/h, bei starkem Gefälle mehr.
Was soll also dieses Theater um Pedelecs? Man stellt lediglich fest, dass sämtliche Standards und insbesondere Wegekonstruktionen sich an völlig realistätsfremden Kriterien (ohne Ausschöpfung des Potentials) orientiert haben, und ein Großteil der Radfahrer das klaglos hingenommen hat und weiterhin nimmt.
In diesem Sinne bin ich den Pedelecs fast ein bißchen dankbar. Fast. Denn umgekehrt — das zeigt dieses Theater — tut man jetzt so, als ob dies nur Pedelec-spezifisch sei, und dann gibt es dann für entsprechende Geschwindigkeiten und Ansprüche wieder restritkive Sonderregelungen (bis hin zu Kennzeichen und Helmpflicht für S-Pedelecs). Seltsamerweise dürfen S-Pedelecs nicht auf den Radweg; ich dagegen mit meinem rein muskelkraftbetriebenen Fahrrad _muss_ auf den Radweg, trotz oft gleicher Geschwindigkeiten.
Eine interessante Studie also; ich bin gespannt, was daraus gemacht wird. Ich hoffe das beste …
Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht sicher, was der Kern deiner Aussage ist.
Ein paar Anmerkungen: S-Pedelecs sind rechtlich Leichtkrafträder und unterliegen daher denselben Regeln wie Mofas/Mopeds, egal ob Strom- oder Verbrennungsmotor-angetrieben. Daher ergeben sich natürlich Unterschiede zu Fahrrädern und normalen Pedelecs. Das finde ich auch i.O., schließlich hat ein S-Pedelec auf der Straße ein ähnliches Beschleunigungs- bzw. Geschwindigkeitsprofil.
Bei der Helmpflicht für S-Pedelecs scheiden sich übrigens die Geister. Es wäre aus meiner Sicht aber schon ziemlich dumm, mit so einem Teil bei 45 km/h ohne Helm zu fahren.
Was den Radweg angeht: Als Radfahrer musst du nur auf nutzungspflichtigen Radwegen fahren. Diese sind (glücklicherweise) wegen der geltenden Rechtsprechung und Gesetzeslage am aussterben. Dass S-Pedelecs (innerorts) nicht darauf fahren dürfen ist richtig und begrüßenswert. Viele Radwege wurden auf Gehwegen angelegt. Hier mit 45 km/h langzubrettern wäre komplett verantwortungslos. Das ist leider für Radsportler und schnelle Tourenradler ein Dilemma: so mancher benutzungspflichtige Radweg erlaubt im Grunde keine Geschwindigkeiten über 20 km/h, da dies eine Gefährdung von Fußgängern bedeuten würde. Nur: wer hält sich schon daran? Es geht mir ja auch nicht anders: wenn ich schon gezwungen werde, auf dem Bürgersteig zu fahren möchte ich nun auch nicht extra langsam fahren…