Lichtpflicht – revisited oder: Das leuchtende Rad im Zeichen der Bundesratsrevolte

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Die Regeln der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) in Bezug auf die Beleuchtung am Fahrrad (§ 67 StVZO) wurden inzwischen modernisiert. Eine aktuelle Auflistung der Regeln findet ihr z.B. beim Pressedienst Fahrrad.

Vor fast zwei Jahren schrieb ich diese – immer noch uneingeschränkt geltende – Einleitung:

Licht am Fahrrad? Wie antiquiert. Zumindest in manchen Bezirken dieser Stadt ist man als leuchtender / beleuchteter Radfahrer ein Exot. Wenn man dann die Straße oder den Radweg in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung nutzt und an einer roten Ampel unvorhersehbar bremst, outet man sich schnell als Zugereister. Wobei es kaum einen Unterschied macht, ob man aus Stuttgart, Zehlendorf oder Weißensee kommt.

Karbidlampe © Günter Havlena / pixelio.de

Nehmen wir einfach mal an, dass Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ein Interesse daran haben, sich gesetzeskonform mit ihrem Fahrrad in der Stadt zu bewegen. Nur so zum Spaß, ja? Dann hätten wir nämlich eine Grundlage für den folgenden Text. Alle Angaben gelten ausschließlich für den Geltungsbereich der StVO (d.h. öffentliche Straßen in Deutschland).

In der Zwischenzeit ist viel geschehen. Und damit meine ich nicht den Ausgang der Wahl am vergangenen Sonntag. Nein, ich meine damit, dass der Bundesrat den Aufstand geprobt hat. Einen Aufstand gegen ein zögerlich agierendes Bundesverkehrsministerium, das eine Änderung der antiquierten Beleuchtungsvorschriften nicht schnell genug auf den gesetzgeberischen Weg bringen wollte oder konnte.

Das Ergebnis – eine Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO), die erstmals erlaubt, mit „normalen“ Rädern ohne Dynamo am Straßenverkehr teilzunehmen – geriet (für eine Revolte nicht untypisch) zu einem unausgegorenen und viel kritisierten Schnellschuss. Dennoch: die neuen Regeln gelten und werden den Markt gehörig in Bewegung bringen.

Grund genug, den Artikel zur „Lichtpflicht“ genauer unter die Lupe zu nehmen und auf den aktuellen Stand zu bringen. Vorab der geänderte Absatz des § 67 StVZO:

Fahrräder müssen für den Betrieb des Scheinwerfers und der Schlussleuchte mit einer Lichtmaschine, deren Nennleistung mindestens 3 W und deren Nennspannung 6 V beträgt oder einer Batterie mit einer Nennspannung von 6 V (Batterie-Dauerbeleuchtung) oder einem wiederaufladbaren Energiespeicher als Energiequelle ausgerüstet sein. Abweichend von Absatz 9 müssen Scheinwerfer und Schlussleuchte nicht zusammen einschaltbar sein.
[via www.gesetze-im-internet.de].

So. Und ab hier findet ihr den aktualisierten Artikel zur Lichtpflicht.

Wer schreibt mir denn vor, dass ich Licht am Rad brauche?

Im ungünstigsten Fall die Versicherung, die die Haftung bei einem nächtlichen Unfall ablehnt. Es kann aber auch das Ordnungsamt oder die Polizei bei einer Kontrolle sein. Und grundsätzlich der Gesetzgeber: in § 17 der Straßenverkehrsordnung (StVO) heißt es:

(1) Während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern, sind die vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen zu benutzen.

[via]

Prima! Dann brauche ich ja kein Licht, wenn ich nur am Tage fahre?

Leider nein. Schließlich gibt es da noch die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO). In § 67 Absatz 2 heißt es dort:

Die lichttechnischen Einrichtungen müssen vorschriftsmäßig und fest angebracht sowie ständig betriebsfertig sein.

[via]

So, und die Rennradfahrer?

DIe haben doch auch alle keine festen Lampen! Stimmt. Die dürfen das auch. Ebenfalls in § 67 StVZO sind in Absatz 11 die Ausnahmen für

Rennräder, deren Gewicht nicht mehr als 11 kg beträgt [a.a.O.]

LED-Scheinwerfer © Supernova

festgelegt. Danach muss die Beleuchtung nicht fest angebracht sein. Sie muss lediglich ständig mitgeführt werden und in den Fällen des § 17 (siehe oben) benutzt werden. Batteriebeleuchtung ist hier zulässig. Wichtig: alle für Fahrräder vorgeschriebenen Reflektoren müssen vorhanden sein (s.u.).

Eine Definition, was ein Rennrad ist, liefert der Gesetzgeber leider nicht. So muss man davon ausgehen, dass sportliche Fahrräder ohne Rennlenker bzw. Mountainbikes hiervon nicht betroffen sind, selbst wenn sie weniger als 11 kg wiegen.

Für alle Fahrräder (mit Ausnahme der Rennräder) gelten somit dieselben Beleuchtungsvorschriften?

Ja. Diese sind in den Absätzen 1 bis 9 des § 67 der StVZO (Lichttechnische Einrichtungen an Fahrrädern) festgelegt. Der § 67 legt dabei keine Mindeststandards fest, denn gemäß Absatz 2

(dürfen) an Fahrrädern … nur die vorgeschriebenen und die für zulässig erklärten lichttechnischen Einrichtungen angebracht sein. [a.a.O.]

Es müssen also die genannten Lampen und Reflektoren vorhanden sein, darüber hinaus aber auch keine weiteren! Nur bei den seitlichen Rückstrahlern ist der Gesetzgeber hier ein wenig großzügig gewesen, hier darf mehr angebracht werden, als vorgeschrieben ist. Lampen und Reflektoren am Fahrradfahrer, an der Kleidung oder am Gepäck wird hiervon nicht erfasst. Beispiel: Eine Stirnlampe ist somit kein Scheinwerfer im Sinne des Gesetzes, darf aber zusätzlich verwendet werden, solange dadurch niemand geblendet wird.

Welche Lampen und Reflektoren als zulässig erklärt werden ist zum Teil in § 67 StVZO festgelegt, zum Teil auch in den „Technischen Anforderungen„. Dies sind Normen, die nicht Gesetzesrang einnehmen, aber für die Zulassung durch das Kraftfahrtbundesamt zu Grunde gelegt werden.

Eine Zulassung erkennen Sie an der entsprechenden Zulassungsnummer. Sie besteht aus dem Großbuchstaben „K“, einer Wellenlinie sowie einer zwei- bis fünfstelligen Zahl:

[via]

Woher darf der Strom für meine Beleuchtung kommen?

Der Gesetzgeber hat jetzt durch die Neuregelung drei Möglichkeiten eingeräumt, die für alle Fahrradtypen im Straßenverkehr gelten:

  1. Ein Dynamo („Lichtmaschine“ gem. § 67 Abs. 1). Wie er funktioniert, spielt jedoch keine Rolle. Daher kann theoretisch jede technische Einrichtung, die eine elektrische Spannung bei festgelegten Eckwerten (Spannung, Leistung) durch die Bewegung des Fahrrades erzeugen kann, benutzt werden. Natürlich muss auch hier das Prüfzeichen vorhanden sein.
  2. Eine Batterie mit einer Nennspannung von 6 V (Batterie-Dauerbeleuchtung). Da die 6V-Vorschrift bei der Neufassung des Paragraphen schlicht übersehen wurde und wohl nur deshalb nicht gestrichen wurde, kann es sein, dass das Bundesministerium diese Regelung nochmals überarbeitet. Schließlich gilt für Akkus keine Spannungsvorgabe, womit wir zur dritten Möglichkeit kommen:
  3. Ein wiederaufladbarer Energiespeicher, im nicht-Beamten-Deutsch auch Akku genannt. Dieser wird nicht weiter spezifiziert. Zulässig sind also Bleigel-, Ni-Cd-, NiMh- und Lithium-Akkus (um hier nur die bekanntesten Typen zu nennen) mit prinzipiell beliebiger Spannung und Kapazität. Hier wird sich zeigen, welche Akkulampen vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) eine Zulassung erhalten werden.

Welche Scheinwerfer und Rückleuchten sind jetzt erlaubt?

Auch jetzt muss weiterhin ein weißer Scheinwerfer vorn (§ 67 Abs. 3) und ein rotes Rücklicht (§ 67 Abs. 4) vorhanden sein. In der Neufassung der StVZO wird nicht erwähnt, dass diese abnehmbar sein dürfen. Somit würde weiterhin gem. § 67 Abs. 2 gelten, dass die Lampen „vorschriftsmäßig und fest angebracht sowie ständig betriebsfertig sein“ müssen. Dies widerspricht jedoch der Absicht, die hinter der Änderung der Verordnung steht. Ziel war schließlich, die Beleuchtungsregeln zu liberalisieren.

Hierzu gibt es eine Stellungnahme von Sebastian Göttling vom Beleuchtungshersteller Busch & Müller (www.bumm.de):

„Das Verkehrsministerium hat diesen Widerspruch zu anderen Aussagen im Nachgang bemerkt und uns mitgeteilt, ‚fest angebracht‘ könne so ausgelegt werden, dass sich die Lampen während der Fahrt nicht lösen oder verstellen dürfen“
[via pd-f / hdk]

Was muss nun an meinem Fahrrad fest angebracht sein?

Nabendynamo © Supernova

Ein Dynamo („Lichtmaschine“ gem. § 67 Abs. 1). Ohne geht es nicht. Wie er funktioniert, spielt jedoch keine Rolle. Daher kann theoretisch jede technische Einrichtung, die eine elektrische Spannung bei festgelegten Eckwerten (Spannung, Leistung) durch die Bewegung des Fahrrades erzeugen kann, benutzt werden. Natürlich muss auch hier das Prüfzeichen vorhanden sein.

Ein weißer Scheinwerfer vorn sowie mindestens ein nach vorn wirkender weißer Rückstrahler (kann auch mit dem Scheinwerfer kombiniert sein, § 67 Abs. 3).

Ein rotes Rücklicht (§ 67 Abs. 4).

Mindestens ein roter Rückstrahler und ein roter Großflächenrückstrahler. Rücklicht und einer der roten Rückstrahler dürfen kombiniert sein (§ 67 Abs. 4).

Zusätzlich ist ein weiteres rotes Rücklicht, das mit einer Batterie betrieben werden darf, erlaubt (§ 67 Abs. 5).

Gelbe Pedalreflektoren (insgesamt vier) (§ 67 Abs. 6).

Mindestens 2 gelbe Speichenreflektoren pro Rad oder weiße ringförmige Reflektoren an den Reifen oder in den Speichen (§ 67 Abs. 7).

Zusätzliche gelbe Reflektoren an der Seite sind erlaubt (§ 67 Abs. 8).

Scheinwerfer und Rückleuchte dürfen nur zusammen einschaltbar sein. Eine Standlichtfunktion für Scheinwerfer und Rückleuchte ist zulässig (§ 67 Abs. 9).

Was ist nicht erlaubt?

Zwei weiße Scheinwerfer!

Batteriescheinwerfer (Ausnahme Rennrad)!

Blinklichter! Dies ergibt sich jedoch nur aus den Technischen Anforderungen, nicht aus der StVZO.

Die Verwendung von Lampen oder Reflektoren ohne Zulassung (s. Wellenlinie). Sie dürfen nicht für die Verwendung am Fahrrad im Straßenverkehr verkauft werden – dies wäre eine Ordnungswidrigkeit! Hier wird entweder eine Umschreibung verwendet und das Fahrrad nicht erwähnt (Outdoorgebrauch etc.) oder es ist ein Hinweis enthalten, z.B. „Nicht zulässig im Geltungsbereich der StVZO“.

Die Modifikation von Lampen (anderer Reflektor, andere Glühbirne/LED). Hierdurch erlischt in der Regel die Zulassung.

Dürfen Fahrräder ohne Beleuchtung oder mit nicht zulässiger Beleuchtung verkauft werden?

Fahrräder ohne Beleuchtung gelten entweder als Spielzeuge (Lernräder für Kinder) oder als Sportgeräte. Diese dürfen mit einem Hinweis, dass sie nicht für die Verwendung im Straßenverkehr zugelassen sind, verkauft werden.

Fahrräder mit nicht zulässiger Beleuchtung dürfen in Deutschland nicht verkauft werden. Hierzu gibt es eine Antwort des niedersächsischen Verkehrsministers auf eine Anfrage im Landtag aus dem Jahr 2010 sowie eine kritische Stellungnahme des ADFC zu dieser Antwort.

Tipps

Tipps zu geeigneter Beleuchtung finden sich in BikeBlogBerlin:

Beleuchtungstipps für dunkle Tage Teil 1

Beleuchtungstipps für dunkle Tage Teil 2

Hinweise zur Funktionsprüfung von Fahrrad-Lichtanlagen

Weiterführende Links

Die Fahrradbeleuchtung bei Peter de Leuw

Technische Anforderungen auf enhydralutris.de

Thema Beleuchtung in Fahrradzukunft Nr. 5

Vergleich der Blendwirkung falsch eingestellter LED-Scheinwerfer in Fahrradzukunft Nr. 14

StVO auf Gesetze im Internet

StVZO auf Gesetze im Internet

 

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Wegen der verwendeten Produktfotos kennzeichne ich diesen Artikel als Werbung.

3 Gedanken zu „Lichtpflicht – revisited oder: Das leuchtende Rad im Zeichen der Bundesratsrevolte

  1. Blinklichter oder nicht zugelassene Beleuchtungen dürfen zwar nicht am Rad montiert werden, aber man kann z B eine Lampe mit höherer Spannung oder Leistung auch gut auf einem Helm montieren.

  2. Nein. Ohne es belegen zu können würde ich davon ausgehen, dass die StVZO erstmal nur für Fahrzeuge gilt, die in Deutschland vertrieben werden. Genau, wie ein amerikanischer PKW-Hersteller das US-Fahrzeug modifiziert, um es in Deutschland auf den Markt zu bringen, müssen dies auch Hersteller von Fahrrädern.
    Wenn du jedoch als US-amerikanischer Staatsbürger mit einem US-PKW nach Deutschland einreist, muss das Fahrzeug nicht grundsätzlich umkonstruiert werden.
    Allerdings wird mit Sicherheit verlangt, dass das Fahrzeug verkehrssicher ist. Und da wird es spannend. Mal angenommen, es gäbe ein Land, im dem unbeleuchtete, bremsenlose Fixies nachts legal am Straßenverkehr teilnehmen dürften – hier würde dem Radfahrer nach Grenzübertritt mit Sicherheit rechtmäßig die Weiterfahrt untersagt werden. Wegen eines fehlenden Prüfzeichen alleine würde dies sicher ncht mölich sein.
    Aber wahrscheinlich gibt es auch hierzu internationale Abkommen. Vielleicht kann ja jemand mit etwas mehr juristischem Know-How weiterhelfen?

  3. Und ein Radtourist kommt mit seinem Rad nur über die Grenze, wenn er es ins Auto oder die Bahn packt, weil er ja vielleicht schon gar nicht in der Lage ist, im Nachbarland Beleuchtung nach deutscher Zulassungsnorm zu kaufen. Oder brauche ich einfach nur einen polnischen Ausweis, um den ganzen Reglungen zu entgehen? Oder hört die Welt an der deutschen Grenze einfach auf?

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